Sprache auswählen

Kai-Holger Brassel
Autor und Software-Entwickler

Habe ich schon erwähnt, dass die analytische Aufteilung von etwas oft sinnvoll und nötig ist, aber ohne Herstellung von Querverbindungen fast immer unzureichend oder fehlerhaft?

Mit der Aufteilung der Beiträge dieses Blogs in verschiedene Kategorien verhält es sich ebenso. Zuerst hatte ich diesen Beitrag in die Kategorie Leben einordnen wollen, so als Unboxing-Erlebnis, bei dem sich Kai zum 61. Geburtstag den dritten Plattenspieler seines Lebens gönnt, einschließlich eines Reaction-Videos mit Nachbars Katze. Nun ist er doch unter Musik zu finden, und voller Querverweise auf mein Leben.

Mein erster Plattenspieler war Teil dieses Monsters, der Schneider-Kompaktanlage TS 1712.

Foto: Schneider HiFi-Katalog 1977

Davor hockend fühlte ich mich wie ein Raumschiffpilot auf kosmischer Reise vor seiner SteuerkonsoleHier das passende Traumbild dazu von der Innenseite des ELO Doppelalbums Out of the Blue:Raumschiff(Illustration: Shusei Nagaoka). Bald beherrschte ich sämtliche Kontrollen und versuchte kraft Tiefen- und Mitten- und Höhenregler die Abmischungen eines – sagen wir – Jeff Lynne noch zu verbessern, während der Song live im Radio lief. Auch das Innenleben dieser Anlage war äußerst kompakt, was Jahre später bei einem Reparaturversuch meinerseits zum Tod am offenen Schaltkreis führte. Bis dahin hatte sie mich aber wohlbehalten durch die Pubertät gebracht, zwar nicht mit kosmischen, aber dafür mit musikalischen Reisen.

Im Studium erwarb ich meinen zweiten Plattenspieler gebrauchtDanke Ralf aus dem AStA in Koblenz, circa 1985., immerhin einer der ersten mit Direkt- statt Riemenantrieb. Über Jahrzehnte leistete er gute Dienste, aber die – soll ich sagen – Kunst des Musikhörens hat sich bekanntermaßen stark verändert und so verkam das gute Stück zur Ablagefläche neben der Couch mit entsprechenden Verletzungen der Abdeckhaube. Schlimmer waren zuletzt jedoch die nicht mehr kontrollierbaren, gleichsam inkontinenten Gleichlaufschwankungen. Vielleicht könnte ich das gute Stück reparieren, aber ob ich mir dafür in den nächsten zehn Jahren die Zeit nehmen werde? Außerdem sollte ein neuer Plattenspieler auch »Digital« können, also ohne großen Aufwand die Digitalisierung alter Schätze erlauben, die den Sprung auf die Server der Streaming-Anbieter nicht mehr geschafft hatten. Dazu unten mehr.

Das Foto zeigt meinen alten Technics SL-1710 oben und das neue Teil unten. Die Ähnlichkeit ist frappant. Die Technik zum Abtasten von Plattenrillen war wohl schon vor 45 Jahren ziemlich ausgereift. Was nicht zu sehen ist: Das alte Gerät wiegt gefühlt fünf mal mehr und wird gebraucht in gutem Zustand teurer gehandelt als der Neupreis des neuen.

Plattenspieler

Bei der Produktrecherche fiel mir eine Online-Bewertung auf, die sinngemäß sagte: Der Plattenspieler ist schnell zusammengebaut und angeschlossen. Jetzt kann ich endlich wieder meine Platte hören. Ich denke, der Singular war hier mit bedacht gewählt. Oha! Ich verstehe ja, dass man leicht in seiner musikalischen Blase hängenbleibt, aber eine einzige Platte ist angesichts der Fülle von ca. 600 Genres in der Popmusik doch sehr knapp. Habe ich schon erwähnt, dass ich viel von Hierarchien mit Querverbindungen und Netzwerken halte? musicmap.info ist dafür ein gutes Beispiel, dem ich noch einen eigenen Blog-Beitrag widmen werde.

Jedenfalls kann ich nun wieder die Platten der Thommie-Bayer-Band und Lake hören und, nicht zuletzt, die geheime Botschaft auf Face the Music von ELO entschlüsseln. Dem Thommie Bayer will ich noch einige Blog-Beiträge widmen. Früher Sänger und Liedermacher hat er sich später der Schriftstellerei zugewandt. Damit ist er eine lebende Querverbindung zwischen meinen Blog-Kategorien Musik und Schreiben. Ob Thommie-Bayer-Band oder Technics SL-1710 – man könnte meinen, früher war alles besser, aber da sei Jochen Malmsheimer vor: Nichts war früher besser … Aber es gab Sachen, die waren gut!

Und eine letzte Querverbindung: Im zweiten Teil von All An! tauchen die Zwillinge Joseph und Vincent Umutesi als Protagonisten auf. Wann immer der eine mutig und neugierig voranschreitet, mahnt der andere zur Vorsicht, wobei sich die Rollen abwechseln. Gemeinsam tarieren sich die beiden also (fast) immer aus.

Wie vieles andere verkörpern Katzen diesen Widerstreit der Gefühle aufs Schönste: