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Kai-Holger Brassel
Autor und Software-Entwickler

LBM PreisträgerHabe ich schon erwähnt, dass ich auf der Leipziger Buchmesse war und All An! dort mit dem SERAPH für den besten verlagsunabhängigen Fantastik-Roman ausgezeichnet wurde? Die überraschende Verleihung dieses renommierten Preises ist auch der Grund, warum ich erst nach gut einem Monat dazu komme, hier über den Besuch der Buchmesse zu berichten. Denn seitdem gab es viele E-Mails zu schreiben, neue Kontakte zu knüpfen, Lesungen und weitere Messebesuche zu planen, Infomaterial bereitzustellen und überhaupt erst einmal so etwas wie Pressearbeit aufzuziehen. Dazu kam noch ein zeitlich befristetes Sonderangebot meines Distributors, um einen neuen Schwung Bücher zu drucken, wozu ich jedoch erst einmal in den verschiedenen Ausgaben (Soft&Hardcover, E-Book, kleines Taschenbauch) Fehler im Innenteil ausmerzen, das SERAPH-Siegel auf dem Cover platzieren und den Umschlagtext aktualisieren musste. Mit anderen Worten: Es kam eins zum anderen, und ein wenig beneide ich schon die beiden anderen Preisträgerinnen Freya Petersen (Bestes Debüt) und Theresa Hannig (Bester Roman), deren Verlage Ihnen ein Großteil dieser Arbeiten wohl abnehmen.

Normalerweise sind es denn auch Verlage, die aus ihrem Programm einen Titel auswählen, um ihn zu einem Literaturwettbewerb anzumelden. Das verhält sich bei Werken unabhängiger Autorinnen und Autoren naturgemäß anders. Vor allem auf Anraten meines Lektors Frank Weinreich, der 2016 selbst in der Jury des SERAPH saß, fasste ich den Mut, All An! für den SERAPH einzureichen. Als die Phantastische Akademie e.V. im Februar die Liste der nominierten Titel veröffentlichte, war meine Freude riesig. Von den über 250 eingereichten Büchern hatte es nur jedes achte bis neunte auf eine der drei Listen geschafft, und All An! stand mit zehn anderen Titeln tatsächlich auf der für den Independent-Titel – schon das ein großer Erfolg.

Also galt es, kurzfristig noch eine Unterkunft für die vier Tage der Buchmesse in Leipzig zu finden, wobei die Hotelpreise astronomisch waren, und Airbnb auch nicht gerade günstig. Mit einem Einzel-Monteurszimmer im Industriegebiet war ich dann noch gut bedient, zumal ich von dort zu Fuß das Messegelände erreichen konnte.

LBM EinlassNach ruhiger Anreise am Mittwoch stand ich also Donnerstag früh mit Tausenden in der schlecht organisierten Schlange vor dem Einlass. (Im Anschluss an die vier Messetage würde die Rekordzahl von 296.000 Besucher:innen vermeldet werden). Nachdem ich mich auf dem schönen und riesigen Messegelände orientiert hatte, besuchte ich die Stände einiger Kleinverlage, um vorzufühlen, ob eventuell Interesse an einer Wiederveröffentlichung eines für den SERAPH nominierten Titels bestünde. Wie ich schnell feststellen musste, besteht aus guten Gründen aber nur Interesse an neuen Werken, wenn überhaupt, denn Science-Fiction- und Zukunftsromane verkaufen sich in Deutschland nicht besonders gut. Gegen Ende des Tages gönnte ich mir noch etwas Prominenz in Form eines vom Fernsehen übertragenen Interviews mit Luisa Neubauer über ihr Buch Was wäre, wenn wir mutig sind? Insgesamt herrschte eine prima Atmosphäre mit vielen jungen Leuten, erstaunlich vielen, toll aufgemachten Coz-Player:innen und überall wurde gelesen und über Bücher gesprochen.

LBM PreisträgerGlücklicherweise hatte ich den Messebesuch gut geplant und mich insbesondere auch das Branchentreffen des Phantastik Autor*innen Netzwerk e.V. (PAN) angemeldet. So kam ich in den Genuss einiger interessanter Vorträge wie dem von Theresa Hannig (Wie wir uns mithilfe von Utopien selbst empowern können) am Freitagmorgen (nicht ahnend, dass wir uns fünf Stunden später auf der großen Bühne von Halle 5 mit jeweils einer Seraph-Statue in der Hand in den Armen liegen sollten.) Viele interessante Begegnungen und Gespräche ergaben sich spontan in der zentral gelegenen Lounge des PAN, die einen willkommenen Ruhepol im hektischen Messebetrieb bot. Hier konnte man sich mit Kaffee auftanken und sein Handy mit Strom.

Am Freitag um 16:00 Uhr war es so weit. Zusammen mit den anderen Nominierten durfte ich meinen Platz in der ersten Reihe des großen Saals einnehmen, in dem sich meiner Schätzung nach sieben- bis achthundert Menschen versammelt hatten, um der Preisverleihung beizuwohnen. Die Nacht zuvor hatte ich schlecht geschlafen, nicht zuletzt, weil ich hin und her überlegt hatte, was ich, sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich diesen Preis tatsächlich gewönne, wohl sagen würde. Wenigstens hatte die kurze Nacht eine Karteikarte mit ein paar Stichworten hervorgebracht. Als dann die Vorjahressiegerin Mary Stormhouse mit der Laudatio für den Indepent-SERAPH begann und mir nach ein paar Sätzen klar wurde, dass nur mein Buch gemeint sein konnte, wäre ich am liebsten unter den Stuhl gekrochen. Doch es half nichts, ich musste rauf auf die Bühne, nahm den Preis entgegen, bedankte mich bei Mary für die tolle Lobrede und wusste dann zuerst gar nichts mehr. Ein Blackout. Wie es weiterging, könnt ihr selbst in folgendem Mitschnitt von Minute 8 bis 16 sehen, wobei das ganze Video der Preisverleihung sehenswert ist.

LDP PlakatNach vielen Beglückwünschungen, einem versuchten Trophäenraub und einer kurzen Pause ging es per Straßenbahn ins Kulturzentrum Anker zur Langen Nacht der Phantastik, die genau das war: über vier Stunden lang und fantastisch! Mit den anderen Preisträgerinnen und bekannten Autor:innen durfte ich vor ca. dreihundert zahlenden Zuschauer:innen zum ersten Mal überhaupt aus meinem Buch lesen, in der Pause die fünfundzwanzig Exemplare von All An!, die der Büchertisch hergab, signieren, und anschließend noch bis nach elf Uhr auf der Bühne Publikumsfragen beantworten und übers Schreiben und Lesen diskutieren. Schaut euch dazu auch die Fotos unten und die Webseiten der Phantastischen Akademie und der Leipziger Buchmesse an.LBM Lektor Frank Weinrauch

Für den Samstag hatte die Phantastische Akademie die Preisträger zu einem Blogger:innentreffen eingeladen und ich leistete zwei Stunden Dienst am Stand des Selfpublisherverbands, wobei sich wiederum nette Kontakte ergaben. Der Höhepunkt des Tages war aber ein kurzes Treffen mit meinem Lektor, der ebenfalls für einen Tag auf der Messe zu tun hatte, wie wir erst kurz vorher herausgefunden hatten. Und auch der Sonntag verging mit dem Besuch weiterer Stände, vielen Gesprächen, Lesungen und Vorträgen wie im Fluge.

Zurück in Hamburg musste ich zuerst einiges an Schlaf nachholen und für meinen Seraph (immer noch schwer zu glauben) einen schönen Platz im Regal finden. Ich bin gespannt, wohin das Ganze noch führt.

Mehr Infos, z.B. den Text der Laudatio von Mary Stormhouse, sowie weitere Fotos gibt es in der Pressemappe

Fotonachweise, soweit nicht vom Autor: das Foto mit den drei Preisträgern: © Leipziger Messe GmbH / Jens Schlüter; die zwei Fotos von der Langen Nacht der Phantastik: © iSebby (Instagram @i_sebby)

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